BGH, Urteil vom 26.3.2019 – II ZR 244/17

Ein Fremdgeschäftsführer kann sich bei Kündigung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen

Im deutschen Recht zählt der Fremdgeschäftsführer nicht als klassischer Arbeitnehmer. Das gilt jedoch nicht nach dem europäischen Gesetzgeber. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) basiert aber auf einer Europäischen Richtlinie.

Somit ist bei Anwendung des nunmehr deutschen AGG die richtlinienkonforme Auslegung zu beachten. 

Der Bundesgerichtshof Urteilte in dem hier genannten Fall genau darüber. In den ersten zwei Instanzen bekam der gekündigte Geschäftsführer kein Recht. Der BGH hob die Urteile auf und sah auch den Geschäftsführer im Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Denn der Dienstvertrag sah vor, dass mit Eintritt des 61. Lebensjahres, das Dienstverhältnis beendet werden kann. 

Diese Klausel sah der BGH als unzulässig und diskriminierend an.

Da die RL 2000/78/EG in Art. 3 I Buchst. c den Arbeitnehmer vor Diskriminierungen durch Entlassungsbedingungen als Teil der Arbeitsbedingungen schützen will, das AGG die Richtlinie insoweit inhaltsgleich umgesetzt hat und die Richtlinie nicht auf den Arbeitnehmerbegriff des deutschen Rechts verweist, ist der Begriff Arbeitnehmer in § 6 I Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH unionsrechtlich auszulegen” (vgl. BAG, NJW 2019, 1627 = NZA 2019, 490, zVb in BAGE).(NJW 2019, 2086 Rn. 25, beck-online)

Kein Widerspruch zur vorherigen Rechtsprechung

Der Geschäftsführer gilt nach gängiger Rechtsprechung nicht als Arbeitnehmer. Somit genießt er grundsätzlich nicht den besonderen Arbeitnehmerschutz. 

Dies sah der BGH in dem hier vorliegenden Urteil aber nicht als problematisch an. Der BGH führt dazu wie folgt aus:

“Die Rechtsprechung des BGH, wonach Organmitglieder keine Arbeitnehmer im Sinne der arbeitsrechtlichen Bestimmungen sind, sondern selbst Arbeitgeberfunktionen ausüben (stRspr; vgl. nur BGHZ 49, 30 [31 f.] = NJW 1968, 396; BGHZ 79, 291 [292 f.] = NJW 1981, 1270; BGH, NJW 2010, 2343 = ZIP 2010, 1288 Rn. 7, jew. mwN; ebenso BAG, NJW 2019, 1627 = NZA 2019, 490 mwN, zVb in BAGE), steht der Einordnung des Fremdgeschäftsführers einer GmbH als Arbeitnehmer iSd § 6 I Nr. 1 AGG nicht entgegen. Denn diese Rechtsprechung geht von dem im vorliegenden Zusammenhang nicht maßgeblichen nationalen Arbeitnehmerbegriff aus. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die Natur des Beschäftigungsverhältnisses nach nationalem Recht für die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts ohne Bedeutung (EuGH, ECLI:EU:C:2010:674 = Slg. 2010, I-11435 = NJW 2011, 2343 = ZIP 2010, 2414 Rn. 40 – Danosa; EuGH, ECLI:EU:C:2015:455 = NJW 2015, 2481 = ZIP 2015, 1555 Rn. 35 – Balkaya mwN).”

(NJW 2019, 2086 Rn. 27, beck-online)

Zusammenfassung

Man kann sich also Folgendes merken:

Der Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer im klassischen Sinne. Ausnahmsweise kann ein Fremdgeschäftsführer aber ein Arbeitnehmer nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sein.